Samstag, 24. Januar 2009
 
Kein Asyl für vergewaltigte Frauen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Deserteurs- und Flüchtlingsberatung   
Mittwoch, 7. März 2007

Dass die derzeitige Asylrechtssprechung kein menschenwürdiges und rechtsstaatliches  Verfahren gewährleistet, ist uns schon länger bekannt. Aber: Mit welchen Begründungen die Asylbehörden über das Schicksal zweier weiblicher Flüchtlinge entschieden und wie skandalös mit frauenspezifischen Verfolgungshandlungen umgegangen wird, muss auch der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden:

Beide Frauen stammen aus einem Land, in dem seit mehr als 15 Jahren Bürgerkrieg herrscht. Es gibt keine anerkannte Zentralregierung, keine Polizei, keine Behörden, wie wir sie kennen. Beide Frauen sind Angehörige einer Minderheit und werden im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention verfolgt.

Eine der beiden Frauen wird über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren immer wieder von bewaffneten Milizen vergewaltigt, sie wird auch für einige Monate verschleppt. Ihre Schwestern werden erschossen, weil sie sich gegen eine Vergewaltigung wehren. Sie schafft es, über die Mauer des Lagers der Milizen zu springen, verbrennt sich dabei ihr Bein an brennendem Müll - und dann gelingt ihr die Flucht nach Österreich, alleine, ohne ihre Kinder.

Die Referentin am Bundesasylamt Eisenstadt, ADir. Doris Klikovics, gewährt ihr aber kein Asyl, weil sie ihr nicht glaubt. Weil unsere Klientin die ungefähre Anzahl der Vergewaltigungen nicht angeben kann. Sie glaubt ihr nicht, dass sie über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren nicht mehr mitzählen konnte. ADir. Doris Klicovics meint nämlich: Eine Vergewaltigung ist doch ein "einschneidendes Erlebnis für eine Frau", an die ungefähre Anzahl müsste sie sich doch erinnern können. Und ADir. Doris Klikovics glaubt auch nicht, dass die Brandwunde bei ihrer Flucht aus dem Lager der Milizen entstanden ist. Weil sie zuerst ein anderes Jahr des Entstehens der Wunde angegeben hat. Dass sie erklärt, durcheinander gewesen zu sein, zählt nicht. Ihr wird vorgehalten, dass sie ja alle anderen Zeitangaben immer gleich angegeben hätte, weshalb dieser Fehler verdächtig sei. Weil alle anderen Zeitangaben immer gleich blieben. ADir. Doris Klikovics glaubt, sie hat sich einfach so bei einer Müllverbrennung verbrannt.

Die andere Frau ist Angehörige einer anderen Minderheit. Sie hat Angst vor Vergewaltigungen, ein bewaffneter Mann kommt mit zwei Frauen. Sie wollen ihre kleinen Töchter genital verstümmeln. Ihr Schwiegervater wird erschossen. Ihr Mann wird von Milizen verschleppt und kann freigekauft werden. Ihm gelingt die Flucht nach Österreich, er bekommt einen befristeten Aufenthaltstitel und darf seine Familie schließlich nachholen. Und weil die Frau eigene Fluchtgründe hat, erzählt sie davon. 

Ihre Referentin am Bundesasylamt Eisenstadt ist ADir. Doris Klikovics. ADir. Doris Klikovics gewährt ihr kein Asyl, weil sie ihr nicht glaubt. Weil sie die Angst vor der Genitalverstümmelung ihrer Töchter bei der ersten Befragung durch die Polizei nicht angegeben hat. Sie glaubt, dass andere Menschen, vielleicht Flüchtlinge, ihr den Tipp gegeben haben, sie soll von der Angst um ihre Töchter erzählen, weil sie damit ihrem "Asylvorbringen mehr Nachdruck" verleihen kann. Und weil sie nur vermuten kann, zu welchem Stamm die Personen gehören, die die Töchter genital verstümmeln wollten, glaubt ihr ADir. Doris Klikovics auch nicht. Auch weil sie nicht weiß, wie der Mann, der ihren Ehemann freikaufte, mit Nachnamen heißt und wieviel er bezahlt, glaubt sie ihr nicht. 

ADir. Doris Klikovics glaubt also einer Frau nicht, weil sie unzählbare Vergewaltigungen nicht auf eine Zahl bringen kann. Obwohl ADir. Doris Klikovics selbst feststellt, dass Gewalt gegen Frauen in diesem Land weit verbreitet ist. Sie glaubt einer weiteren Frau die Angst vor der Genitalverstümmelung ihrer Töchter nicht. Obwohl ADir. Klikovics selbst feststellt, dass in diesem Land mehr als 95% der Frauen genital verstümmelt sind.

Und noch dazu: Auch wenn die beiden Frauen die Wahrheit sagen würden, wäre das kein Asylgrund. Weil sie nicht von staatlicher Seite verfolgt wurden. Dass es keinen Staat gibt, der sie schützen könnte, stellt Frau ADir. Klikovics aber selbst fest. Und das ist ein Asylgrund. 

Die Verfolgungshandlungen gegenüber diesen beiden Frauen haben stattgefunden, wie sie es den Asylbehörden erzählten. Berichte internationaler Menschenrechtsorganisationen und auch die Rechtssprechung in vergleichbaren Asylverfahren untermauern dies. Entschieden hat aber hier eine Referentin, die einfach nichts glaubt, was sie nicht glauben will - besonders keine frauenspezifischen Fluchtgründe. 

Frauen werden in sämtlichen Staaten der Welt diskriminiert, auch in Österreich. Frauen sind über allgemeine Menschenrechtsverletzungen hinaus auch von geschlechtsspezifischer Verfolgung bedroht. Vergewaltigung und Genitalverstümmelung sind Folterinstrumente gegenüber Frauen und haben Asylrelevanz. 

Die Fluchtgründe dieser beiden Frauen werden durch die österreichischen Behörden mit Füßen getreten. Dieser Umgang mit frauenspezifischen Verfolgungshandlungen ist skandalös und inakzeptabel. 

Innerhalb der menschenrechtswidrigen Gesetzgebung und politischen Rahmenbedingungen fordern wir, dass Flüchtlingen zumindest ihre minimalen noch verbliebenen Rechte auch zugestanden werden. Auch - oder besonders -  für Frauen. 

Kontakte für Beschwerden an die Verantwortlichen:
(Bundesasylamt Außenstelle Eisenstadt)
(Innenministerium) 

Rückfragehinweis und verantwortlich i.S. § 24 MedienG:
Deserteurs- und Flüchtlingsberatung
Schottengasse 3a/1/59
1010 Wien
Tel.: +43/1/533 72 71
Fax.: +43/1/532 74 16
E-Mail:
http://www.deserteursberatung.at

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